Ein Messestand-Design in 5 Tagen
Wenn das Team stimmt und man die „gleiche Sprache spricht“, ist (fast) alles möglich.
Design-Projekte, die zügig umgesetzt werden und bei denen alle Beteiligten wissen, wie sie den Prozess bestmöglich voranbringen, mag ich besonders gerne.
Auch wenn es „ein bisschen eilt“, lasse ich mich als „alter Hase“ nicht aus der Ruhe bringen und gehe mit meinen Kund:innen durch den Design-Prozess. Immer in enger Abstimmung und auf Augenhöhe.
Wie der Messestand für CW Consult in nur 5 Tagen Gestalt angenommen hat, erfährst Du hier (in einer gekürzten Fassung).
1. Anfrage & Briefing
Montag, 5. September
Nach einem kurzen Anruf von meiner Kundin, Johanna Bolz, verabreden wir uns spontan zum Zoom. Denn es geht um einen nachhaltigen 4 x 4 Meter Messe-Stand für Johannas Freund auf der WindEnergy in Hamburg.
Und die beginnt bereits am 27. September.
Knappe Kiste, denke ich mir. Aber mit Johanna hat schon so manche knappe Kiste gut funktioniert. Und ich hab gerade Zeit.
Die Inhaberin der Eventagentur Bolz Event hat sich mit ihrer Liebe zu Vintage Möbeln seit Beginn der
Corona-Krise ein zweites, erfolgreiches Standbein mit ihrem Vintage Kontor aufgebaut.
Ihr Lebensgefährte, der diese Liebe teilt, vermittelt seit über 20 Jahren erfolgreich Windenergie- und Photovoltaikprojekte.
Er möchte sich mit seinem Unternehmen „CW-Consult“ auch dieses Jahr wieder auf der Messe in Hamburg präsentieren.
Johanna hat ihn davon überzeugen können, sich diesmal mit einem außergewöhnlichen Standkonzept deutlich von neu auf den Markt drängenden Mitbewerbern abzuheben.
„Es wird jetzt ein Vintage-Stand!“ erzählt sie freudestrahlend in die Kamera.
Und weil es ein „bisschen eilt“, habe sie da schon mal was vorbereitet, das sie nun gerne mir mir umsetzen möchte.
Inspiriert durch den sehr besonderen Showroom ihres Vintage Kontors, hat sie ein „Messe-Wohnzimmer“ mit männlich gemütlicher Atmosphäre konzipiert.
Mit dem Stand, der den Besuchern einen besonders einladenden Raum für Kommunikation bietet und das Thema Nachhaltigkeit noch einmal ganz anders aufgreift, möchte sie aus dem Einheitsbrei der Messestände herausstechen.
Sehr schöne Idee. Das sind genau meine Themen!
Ich mache mir ein paar Notizen.
Noch während des Zoom-Termins bekomme ich per Whatsapp eine erste Standskizze und einige Fotos der Möbel, die sie auf dem Stand einsetzen will. Außerdem schickt sie mir Bilder von Farb- und Materialproben. Für die Wände ist eine Betonoptik geplant und Holz für den Boden.
Ich hab sofort verstanden was ihr vorschwebt und so spielen wir uns in dem einstündigen Zoom-Termin gegenseitig die Ideen-Bälle zu. Das hat schon bei früheren Projekten mit ihr gut funktioniert.
So macht Design-Arbeit Spaß!
Ein besonderes Gestaltungselement wird eine Fotowand mit sogenannter Petersburger Hängung, wie es sie bereits im Showroom vom Vintage Kontor gibt. Mit ein paar gemütlichen Ledersesseln davor, soll dieser Bereich des Messestandes die Besucher dazu einladen, ihn als Hintergrund für Instagram-Posts zu nutzen und damit „indirekt“ Werbung zu machen.
Eine tolle Social Media-Idee von Johanna.
Mir kommen direkt Bildmotive in den Kopf, und vor meinem inneren Auge sehe ich den Stand bereits ganz deutlich.
Ich setze mich noch am Abend an die ersten Entwürfe.
2. Vorbereitungen & Angebot
Dienstag, 6. September
Am Vormittag trudeln per Whatsapp immer neue Fotos von aufgearbeiteten Möbeln ein. Esther Ollick, bekannt aus der TV-Sendung „Bares für Rares“, mit der Johanna seit einiger Zeit bereits zusammenarbeitet, wurde für die Aufarbeitung der Möbel-Schätzchen ins Boot geholt. Von ihr kommen auch die Farb- und Materialvorschläge.
Frauen-Power mal drei. Das gefällt mir! Das gab’s bei einem früheren Projekt mit Johanna auch schon mal.
Als gelernte Reinzeichnerin weiß ich, dass ich mich bereits in dieser frühen Phase darum kümmern muss, wie, auf welches Material und bei wem dieser Auftrag später produziert wird. So minimiere
ich Fehlerquellen z.B. bei der Bildauswahl und der Dateianlage.
Gerade bei solch großformatigen Projekten muss besonders sorgfältig gearbeitet werden. Denn jeder Fehler würde bei dieser Größe direkt ins Auge fallen. Eine Nachproduktion ist teuer und aufgrund
des Termindrucks nicht möglich.
Ich kläre also alle Produktionsfragen, lasse mir die genauen Maße geben und bitte um eine Standskizze. Auch die Kontaktdaten der anderen Beteiligten (Karsten Huth vom 3D-Kontor und Christian Staehely von Ante-Staehely) notiere ich, um auf kurzem Wege mit ihnen kommunizieren zu können.
Mein Angebot und einen groben Zeitplan sende ich per Mail an Johanna und Christian.
4. Recherche – Die Basis für das Design
Über die Unternehmens-Webseite von CW Consult recherchiere ich, wofür das Unternehmen steht und was es genau anbietet. Schließlich muss das Design das Unternehmen und seine Werte bestmöglich repräsentieren.
Dann durchforste ich die gängigen Bilddatenbanken nach Beton-Strukturen für die Wandgestaltung. Dabei muss ich darauf achten, dass das Bildmaterial in ausreichender Größe zum Download
bereitsteht. Denn es muss ja später bei einer Breite von vier Metern immer noch eine gute Qualität haben und darf nicht total pixelig werden.
Als Motive für die Social Media-Wand suche ich ausdrucksstarke Aufnahmen von Windrädern und Photovoltaik-Anlagen.
Die Recherche-Phase nimmt meist viele Stunden in Anspruch. In diesem Fall fast einen ganzen Tag.
Sie ist aber auch sehr inspirierend für den weiteren Design-Prozess.
6. Erste Gestaltungsarbeiten
Mittwoch, 7. September
Heute überarbeite ich das vorhandene Logo, weil es ein bisschen in die Jahre gekommen ist.
Dann beginne ich damit, die drei Wände des Messestandes maßstabsgetreu anzulegen und zu gestalten.
Der erste Zoom-Schulterblick mit Johanna am Nachmittag zeigt, dass wir ein gutes Briefing-Gespräch hatten und ich ihre Vorstellung vom Design richtig verstanden und umgesetzt habe.
Nach ein bisschen gemeinsamem Finetuning, schreibe ich ein erstes Ansichts-PDF und zeige Christian, dem eigentlichen Auftraggeber, zwei Entwürfe.
Wir treffen uns dazu ebenfalls per Zoom, ich gebe meinen Bildschirm frei und wir optimieren das Design noch einmal gemeinsam, bis alles passt.
Jetzt arbeite ich den Entwurf weiter aus.
7. Erneute Bild-Recherche
Nachdem ich weiß, welchen Teil der Wand die Ledersessel verdecken werden und die Motive für die Petersburger Hängung abgestimmt sind, kann ich passende Holzrahmen auswählen, in die ich die Motive
später mit Photoshop einmontiere.
Johanna hat einen Entwurf des ersten PDFs zur 3D-Animation weitergeschickt. Wir erhalten zwei Ansichten
des Standes aus unterschiedlichen Perspektiven.
Das sieht das wirklich toll aus. Ich bin beeindruckt, welchen Unterschied es macht, das Design quasi in Anwendung zu sehen.
Es bestärkt mich noch mal darin, auch meine 2D-Entwürfe in Mockups zu
präsentieren, um meine Kund:innen bei der Visualisierung ihres Herzens-Designs zu unterstützen.
Frisch motiviert mache ich mich bereits jetzt an die Fotomontage der Bilderrahmen für die Social Media-Wand.
Ich stelle alle Rahmen frei und hinterlege die Fotomotive. Sie bekommen noch eine Schattenfuge nach innen und die Rahmen selbst einen Schatten nach unten.
Da das Licht auf Messen meist hart von oben kommt, kann ich dadurch mehr Plastizität bei dem Fotoarrangement erreichen.
8. Korrekturschleifen und Gestaltungsvorschläge
Die einzelnen Phasen stimme ich anhand von PDFs, immer wieder mit meinen Auftraggebern ab.
Meist telefonieren wir nach meinen Mails kurz. Ich arbeite gewünschte Korrekturen direkt in die Entwürfe ein.
Ich mache den Vorschlag, den Stand mit einer „unaufdringlichen“ Beton-Prägung der Internetadresse und des Windrades aus dem Logo, zusätzlich zu branden. Eine bislang freie Fläche auf der rechten Wand bietet sich dafür an.
Diese Idee visualisiere ich für den Entwurf nur grob in InDesign und setze sie nach der Kunden-Freigabe für die Reinzeichnung in Photoshop um.
9. Layoutfreigabe
Donnerstag, 8. September
Dieses Projekt hat es zeitlich gesehen echt in sich. Vom ersten Gespräch am Montag bis zur Reinzeichnung von 24 Messewandteilen am Freitag der gleichen Woche – das ist schon sportlich.
Aber mir sind solche Projekte, die zügig vorangehen lieber als solche, die sich über Wochen oder gar Monate hinziehen, ohne dass kontinuierlich daran gearbeitet wird.
Am späten Nachmittag kommt die Freigabe für die Gestaltung. Ich kann also mit der Reinzeichnung anfangen.
10. Finale Bildbearbeitung
Hast Du schon mal versucht ein Poster drucken zu lassen von einem Bild, das Du z.B. bei Facebook heruntergeladen hast? Unmöglich! Das wird nie schön.
Um also später alle großflächigen Bilder, insbesondere die Betonstruktur, ohne nennenswerten Qualitätsverlust drucken zu können, muss ich ganz schön in die Trickkiste greifen. Am Ende ist meine Beton-Datei mal eben fast 1GB groß.
Ich stimme alle Bildmotive farblich sowohl aufeinander, als auch auf die Corporate Designfarben ab.
Die Farben der Möbellackierung wurden von Esther bereits so gewählt, dass sie sich harmonisch in das Gesamtbild einfügen.
Jetzt muss ich noch die Datei mit der Betonprägung in Photoshop anlegen und dann kann ich die Reinzeichnung fertigstellen.
11. Reinzeichnung
Jetzt ist volle Konzentration gefragt. In dieser Phase kann ich keine Störungen oder Unterbrechung gebrauchen!
Ohne die Perfektion der Reinzeichnung kann keine Produktion durchgeführt werden. Wenn man sich hiermit nicht auskennt oder schlampig arbeitet, wird das beste Design zum absoluten Desaster.
Deshalb benötigt die Reinzeichnung auch immer Zeit und Ruhe.
Aber ich verschone Dich mit den ganzen Details.
12. Datenversand – Nach hinten raus wird’s meistens eng
Freitag, 9. September
Eigentlich ist freitags mein Weiterbildungstag. Aber die Daten müssen fertig werden und ich bin so wunderbar im Flow.
Die Reinzeichnungs-Dateien mit den hochauflösenden Bilddaten sind angelegt, erfüllen alle Spezifikationen für die Produktion und sind eindeutig benannt, damit sie vom Messebauer später zweifelsfrei zugeordnet werden können.
Nun geht’s daran ein erstes Probe-Druck-PDF zu schreiben, um sicherzustellen, dass alles seine Richtigkeit hat.
Ich wähle das Wand-Panel mit einem Teil der Petersburger Hängung, weil es die meisten möglichen Fehlerquellen enthält.
Es braucht schon mal fast 20 Minuten, bis das PDF fertig ist. Das kann ja heiter werden bei 24 Panelen!
Und dann: Auweia. Da scheint etwas nicht zu stimmen.
Die Petersburger Hängung und der Beton-Hintergrund sehen im Druck-PDF total verpixelt aus. Och nö!
Jetzt geht’s an die Fehlersuch. Ich überprüfe nochmals die Auflösung aller Bilder. Daran liegt es nicht.
Die kontaktierten Kollegen wissen auch keinen Rat. Mist!
Gleichzeitig bekomme ich von Johanna die Info, dass bereits heute die Druck-PDFs an den Messebauer geliefert werden müssen. In 14 Tagen ist ja bereits Messe-Aufbau.
Jetzt nur nicht nervös werden, sondern mit kühlem Kopf den Fehler finden. Ich bin ja zum Glück der lösungsorientierter Typ.
Erst kürzlich habe ich Daniel Scheidgen bei seinem Vortrag zum Thema „Reinzeichnung – Präzision in Anwendung“
kennengelernt. Jetzt zahlt sich aus, dass ich mich auch immer gleich mit solchen tollen Kolleg:innen vernetze.
Ein kurzer Anruf bei Daniel bringt Licht ins Dunkel des verpixelten Druck-PDFs. Ich muss nur eine Einstellung beim PDF-Schreiben verändern.
Zum Glück keine große Sache! Puh! Danke, liebes Universum!
Das neue Test-PDF sieht wunderbar aus, und ich kann endlich meinen verspäteten Nachmittagskaffee genießen.
Kurzer Anruf bei Johanna und beim Messebauer, dass ich die Druck-PDFs am späten Nachmittag per WeTransfer versenden werde. Alle sind beruhigt.
Das Schreiben der PDFs dauert solange wie es dauert. Ich überprüfe alle PDFs nochmals und versende zwei Stunden später den Ordner mit den Druckdateien. Yeah!
Der Auftrag ist für mich jetzt erst mal erledigt. Ich bin gespannt auf das fertige Ergebnis.
13. Messeunterstützung – Visitenkarten
Freitag, 16. September – nur noch eine Woche bis zur Messe
Die Produktion der Messewände läuft. Wunderbar!
Aber für einen bleibenden Eindruck auf einer Messe braucht es natürlich noch mehr!
Bereits während der Design-Phase habe ich angeregt, auch die Visitenkarten an die Standgestaltung anzupassen und bereits ungefragt ein paar Entwürfe präsentiert.
Wer kennt nicht das blöde Gefühl, wenn man nach einem Messebesuch auf den Wust an Visitenkarten guckt und denkt:
Wer war das nochmal? Zu welchem Stand gehörte diese Karte und warum habe ich sie eingesteckt?
Wie oft bekommt man auch Visitenkarten, wo die 2. Seite ungenutzt bleibt. Ich gestalte Visitenkarten-Rückseiten immer.
Obwohl Christian noch Visitenkarten hat, lässt er jetzt doch neue Karten für sich und Johanna drucken.
14. Produktion & Messetermin
Dienstag, 27. September bis Freitag, 30. September
Die Messe hat begonnen und mit der Produktion hat alles wunderbar funktioniert. Johanna ist begeistert, wie echt die Betonstruktur aussieht.
Die Messebesucher loben den tollen Stand und geben sich die Klinke in die Hand. Juchu! Das reimt sich sogar!
Hier ist das Ergebnis …
Du hast auch ein Projekt, das Du gestalten lassen möchtest?
Dann sollten wir sprechen!
Ich schenke dir 30 Minuten meiner Zeit, du erzählst mir, was du vorhast und wir gucken, wie ich dich dabei unterstützen kann. Ganz einfach per Telefon oder Zoom.
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